„Sag mal, kann man eigentlich Kleidung nur nach einer Abbildung/historischen Vorbildern nähen?“ „Ähm, ja, wenn man das kann …“ Im Prinzip wird Mode ja genau so gemacht: Zeichnung einer Designerin/eines Designers und dann die Schnittentwicklung. „Kannst Du das? Ich brauch was fürs Museum.“

Nicht nur Mittelalterfans möchten sich gern historisch korrekt kleiden, es gibt viele Gründe dafür. Wie bekomme ich aber Kleidung, wie es sie vor einigen hundert Jahren gab, ohne ein Heidengeld dafür zu bezahlen? Selber nähen, ganz einfach – oder doch nicht?

Was will ich überhaupt genau haben?

Brauchst Du Kleidung, die „nur“ korrekt aussieht oder müssen Material und Verarbeitung ganz genau historischen Vorbildern entsprechen? Der Unterschied ist sehr viel größer, als auf den ersten Blick erkennbar. „Korrekt aussehende“ Kleidung kannst Du nämlich mit einer modernen Nähmaschine oder Overlock und aus handelsüblichen Stoffen nähen.

„Historisch korrekt“ sind dagegen Materialien und Arbeitsweisen, die es in der entsprechenden Zeit tatsächlich gab. Je nach Ursprungszeit sind das meistens handgewebte Stoffe aus Nessel, Wolle oder Leinen. Außerdem müsstest Du diese Kleidung auch mit der Hand zusammennähen, wenn sie aus einer Zeit vor dem Gebrauch der Nähmaschine stammt. Mach Dich in diesem Fall auf viele Stunden Handarbeit gefasst.

Wie und womit fange ich an?

Vielleicht weißt Du schon ganz genau, was Du haben möchtest. Andernfalls musst Du Dir erst darüber klar werden, wie Dein Kleidungsstück aussehen soll. Am besten gehst Du so vor:

  • Gründliche Recherche: Such Dir so viele Abbildungen und/oder Fotos, wie Du bekommen kannst, möglichst von verschiedenen Seiten (von vorn, hinten und seitlich). Achte darauf, dass die Bilder auch tatsächlich aus der „richtigen“ Zeit stammen!
  • Sprich mit Menschen, die sich in diesem Gebiet auskennen (Historiker, Museumsmitarbeiter, eventuell Interessenverbände, Arbeitskreise oder Vereine). Vielleicht hat jemand schon entsprechende Kleidung, Schnittmuster oder zumindest weitere Abbildungen.
  • Such nach „fertigen“ Schnitten, sie erleichtern Dir die Arbeit enorm.
  • Findest Du keinen passenden Schnitt, dann such nach ähnlichen Mustern. So hast Du zumindest eine Grundlage, mit der Du arbeiten kannst.

Nach historischen Schnitten nähen

Relativ „einfach“ ist es, wenn Du Schnittmuster für historische Kleidung auftreiben kannst, dann kannst Du praktisch gleich mit dem Zuschneiden und Nähen loslegen. Es dürfte allerdings schwierig werden, entsprechende Schnitte zu finden.

TIPP: Wenn Du privat/nur für Dich nähst, kannst Du jeden vorhandenen Schnitt verwenden. Nähst Du gewerblich, dann achte unbedingt (!) auf die Nutzungsrechte! Eine Missachtung des Copyrights kann sehr (!) teuer werden.

Nach historischen Vorbildern nähen

Nicht ganz so leicht ist es, wenn Du nach existierenden Vorbildern (zum Beispiel aus einem Museum) nähen willst. Dann musst Du den Schnitt des Modells kopieren und dementsprechend selber einen Papierschnitt herstellen. Das bedeutet viel messen, zeichnen und rechnen, ist aber im Grunde genommen „nur“ eine Fleißarbeit. Je sorgfältiger Du arbeitest, desto besser wird Dein fertiges Kleidungsstück sitzen.

Nach historischen Abbildungen nähen

Richtig schwierig wird es, wenn Du weder ein Schnittmuster noch ein „Modell“ bekommen kannst. Dann musst Du den Schnitt nämlich komplett selber entwerfen. Nimm dafür eventuell einen vorhandenen ähnlichen Schnitt als Grundlage (Copyright beachten!), den Du anpassen kannst und zeichne Dein Schnittmuster mit allen notwendigen Änderungen auf Packpapier oder spezielles Schnittmusterpapier. Passe Kragen, Ärmel, Länge und Weite usw. an Deine Vorstellungen an.

Hast Du eine Schneiderpuppe? Dann probiere den Papierschnitt an. So kannst Du schon kleine Fehler finden und entsprechende Änderungen vornehmen und die Weite und/oder Länge des Kleidungsstücks eventuell anpassen.

Nähe ein Probestück aus einem Stoffrest oder einem günstigen Stoff, um die Passform noch einmal zu überprüfen. Papier verhält sich nun mal anders als Stoff. Bei „einfachen“ Nachbildungen kannst Du eventuell darauf verzichten. Möchtest Du aber hochwertige Kleidung aus entsprechend preisintensiven Stoffen nähen, dann ist das Probestück unerlässlich. Passfehler können unter Umständen nämlich ziemlich teuer werden.

Sitzt das Probestück richtig gut, dann kannst Du endlich mit dem Nähen Deiner historischen Kleidung beginnen.

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